Es war das Jahr 1970, als in einer kleinen bayerischen Landschaft ein Stück Weltgeschichte geschrieben wurde – und kaum jemand ahnte es. Das Nördlinger Ries, ein gewaltiger Krater, entstanden vor 14,5 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Meteoriten, wurde zum Trainingscamp für die kühnsten Männer ihrer Zeit: die Astronauten des Apollo-Programms. Hier, weit weg von Cape Kennedy und den funkelnden Sternen Floridas, stapften Männer in weißen Raumanzügen durch Felder und Gesteinstrümmer, die so außerirdisch wirkten, dass selbst erfahrene Geologen zweimal hinsahen.
Die NASA hatte lange gesucht, um einen Ort auf der Erde zu finden, der der Oberfläche des Mondes in Struktur und Zusammensetzung nahekam. Im Nördlinger Ries wurden sie fündig. Das hier vorhandene Gestein, der Suevit, war durch unvorstellbare Hitze und Druck bei einem kosmischen Einschlag entstanden – genau wie viele der Felsen, die man später auf dem Mond finden würde. Für die Wissenschaftler der NASA war das Ries ein Glücksfall, für die Astronauten eine Schule der ganz besonderen Art.
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Neil Armstrong selbst stand hier zwischen den Kratern und Geröllfeldern, blickte über die bizarre Landschaft und wusste, dass er genau diese Fähigkeit, zwischen vulkanischem und meteoritischem Gestein zu unterscheiden, schon bald auf einer anderen Welt brauchen würde. Mit Notizblock und Hammer bewaffnet, sammelten die Apollo-Crews Proben, diskutierten die Beschaffenheit der Gesteine und übten, wie sie später auf dem Mond wissenschaftlich arbeiten sollten – schnell, präzise und unter Zeitdruck.
Das Städtchen Nördlingen, mit seinem imposanten Daniel-Turm aus demselben kosmischen Gestein, wurde für einige Tage zum Tor ins All. Vom Turm aus bot sich den Astronauten ein Panorama, das wie eine Miniaturausgabe des Mare Imbrium wirkte. Hier standen Raumfahrtpioniere, die schon bald ihren Fußabdruck im Staub einer anderen Welt hinterlassen würden – und der Atem dieser Momente ist bis heute in den Geschichten der Einheimischen spürbar.
Wer heute durch das Ries wandert, sieht vielleicht nur eine friedliche Landschaft, Felder, kleine Wälder und das malerische Nördlingen. Doch unter der sanften Oberfläche schlägt das Herz eines uralten Kraters – und in seinen Narben hallen noch immer die Schritte jener Männer nach, die hier den Sprung von der Erde zum Mond wagten.
