Mitten im Herzen Nördlingens erhebt sich ein Bauwerk, das seit Jahrhunderten das Bild der Stadt prägt und dessen Turm wie ein stiller Wächter über dem Ries thront: die St.-Georgs-Kirche mit ihrem berühmten Turm, dem „Daniel“. Schon von weitem ist dieser Turm sichtbar, sein stattlicher Bau aus hellem Suevit-Gestein hebt sich eindrucksvoll vom roten Dachmeer der Altstadt ab und grüßt Wanderer, Händler und Besucher, die sich Nördlingen nähern.
Die Geschichte der St.-Georgs-Kirche beginnt im ausgehenden 15. Jahrhundert. In einer Zeit des Wohlstands, als Nördlingen durch Handel und Handwerk florierte, entschloss man sich, ein Gotteshaus zu errichten, das der Bedeutung und dem Reichtum der Stadt gerecht werden sollte. Aus dem Gestein des Rieskraters, jenes uralten Einschlags eines Meteoriten, schufen die Baumeister ein Bauwerk, das zu den schönsten spätgotischen Hallenkirchen Süddeutschlands zählt. Das Licht fällt durch hohe, filigran gearbeitete Fenster und erfüllt das Innere des Kirchenschiffs mit einer fast ehrfürchtigen Helligkeit. Die eleganten Säulen, die das Gewölbe tragen, scheinen wie Bäume in den Himmel zu wachsen, und das meisterhaft geschnitzte Chorgestühl, die Altäre und Bildwerke zeugen von der Kunstfertigkeit jener Zeit.

Der Turm der St.-Georgs-Kirche, liebevoll „Daniel“ genannt, wurde zeitgleich mit dem Kirchenbau errichtet. Seine Mauern ruhen auf festem Grund, seine Spitze ragt 90 Meter empor. Von jeher diente er nicht nur als Kirchturm, sondern auch als Wachturm und Orientierungspunkt. Der Name „Daniel“ stammt wohl aus der Bibel, als Anspielung auf den Propheten Daniel, der für seine Weisheit und Weitsicht bekannt war – Eigenschaften, die man auch von den Türmern erwartete, die über Stadt und Land wachten.
Wer heute die 350 Stufen des Daniel erklimmt, wird reich belohnt. Der Aufstieg führt durch schmale Gänge, vorbei an den alten Türmerstuben, in denen Jahrhunderte lang Menschen lebten, die den Himmel beobachteten und vor Feuer und Feinden warnten. Oben angekommen, öffnet sich ein Panorama, das den Atem raubt. Die Dächer Nördlingens liegen zu Füßen des Besuchers, dahinter breitet sich das Ries wie ein riesiges grünes Rund aus. Bei klarer Sicht schweift der Blick bis zu den Höhen der Schwäbischen Alb oder des Fränkischen Jura. Der Daniel macht sichtbar, wie einzigartig Nördlingen in diese Landschaft eingebettet ist.
Auch heute noch lebt ein Türmer auf dem Daniel. Er erfüllt eine Tradition, die über viele Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde. Mehrmals täglich ertönt sein Hornruf, der die Stadt grüßt und an jene Zeit erinnert, als der Türmer die erste und letzte Instanz der Sicherheit war.
Die St.-Georgs-Kirche und ihr Daniel sind weit mehr als nur steinerne Zeugen der Vergangenheit. Sie sind Herz und Seele der Stadt, Orte des Glaubens, der Geschichte und der Begegnung. Jeder Schritt durch das Kirchenschiff, jede Stufe des Turms erzählt von den Menschen, die hier lebten, beteten und wachten. Wer einmal oben stand und den Wind spürte, den Blick in die Weite schweifen ließ, wird den Zauber dieses Ortes nie vergessen.
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