Inmitten der weiten Landschaft des Nördlinger Ries erhebt sich Nördlingen, eine Stadt wie aus einem Bilderbuch. Sie wird umarmt von einem steinernen Band, das die Jahrhunderte überdauert hat – der vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer. Wer durch eines der alten Tore schreitet und den Wehrgang betritt, spürt sofort den Hauch vergangener Zeiten. Hier oben auf dem hölzernen Gang, geschützt von mächtigen Zinnen und dem Dach des Wehrgangs, wird Geschichte lebendig. Der Blick schweift über die roten Dächer der Altstadt, über schmale Gassen, ehrwürdige Fachwerkhäuser und den imposanten Daniel, den Turm der St.-Georgs-Kirche, der wie ein Wächter über Nördlingen wacht.
Die Stadtmauer von Nördlingen hat ihre Wurzeln im 14. Jahrhundert. Damals war Nördlingen ein aufblühendes Handelszentrum, reich geworden durch seine Lage an wichtigen Handelsrouten und durch den Handel mit Getreide und Vieh. Die Mauern wurden errichtet, um den Wohlstand der Stadt zu schützen, um sie zu befestigen gegen Feinde und Plünderer. Stein für Stein wurden sie gesetzt, sorgfältig gefügt, von Meistern ihres Fachs. Wehr- und Tortürme wuchsen empor, Gräben und Bastionen ergänzten das Verteidigungssystem. Über Jahrhunderte erfüllte die Mauer ihren Zweck: Sie hielt Belagerungen stand, trotzte den Wirren der Zeit, sah Kaiser und Könige, Händler und Pilger, Soldaten und Bürger an sich vorüberziehen.

Anders als in vielen anderen Städten blieb die Nördlinger Stadtmauer vollständig erhalten. Das ist ein Glück, das heute nur noch wenige Orte teilen. Sie wurde nie abgetragen, nie zerstört durch Kriege oder den Modernisierungsdrang späterer Jahrhunderte. So kann man heute wie einst die Wächter der Stadt den Wehrgang vollständig umrunden – fast zweieinhalb Kilometer Schutz und Geschichte, durchzogen von Toren wie dem Baldinger Tor oder dem Reimlinger Tor, flankiert von Türmen und Bastionen, von denen jeder seine eigene Geschichte erzählt.
Ein Spaziergang auf dem Wehrgang ist wie eine Reise durch die Zeit. Mal geht es entlang massiver Steinmauern, mal über hölzerne Brücken zwischen Türmen, mal unter dem Dach des Wehrgangs hindurch, das im Sommer kühlenden Schatten spendet und im Winter Schutz vor Schnee und Regen bietet. Die Stadt breitet sich zu Füßen des Spaziergängers aus, und wer den Blick hebt, sieht in der Ferne die grünen Hügel des Rieskraters, Überreste eines gewaltigen Meteoriteneinschlags, der vor Millionen Jahren das Land formte.
Heute ist die Stadtmauer ein Symbol für die Wehrhaftigkeit, den Stolz und die Geschichte Nördlingens. Sie lädt nicht nur ein zum Spaziergang, sondern auch zum Staunen und Verweilen. Hier kann man die Vergangenheit spüren, die alten Mauern berühren und sich vorstellen, wie einst die Wächter Ausschau hielten nach Freunden und Feinden. Der Wehrgang ist nicht nur ein Bauwerk, er ist ein lebendiges Stück Geschichte, das Nördlingen einzigartig macht. Wer ihn einmal entlanggegangen ist, wird den Zauber dieses mittelalterlichen Schmuckstücks nie vergessen.
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